Neues Antibiotikum in gewöhnlichem “Unkraut” gefunden

Neues Antibiotikum

Antibiotikum aus Unkraut

Wildpflanzen könnten eine Fundgrube für neue Antibiotika zur Bewältigung des weltweiten Problems der Antibiotikaresistenz sein.

Forscher in der Schweiz machten diesen Vorschlag, nachdem sie eine Verbindung mit einer neuartigen antibiotischen Wirkung auf dem Blatt der Thale Kresse, einem häufigen Unkraut, entdeckt hatten.

Viele der heutigen Antibiotika stammen aus natürlichen Verbindungen von Bakterien, die im Boden leben. Die Bakterien produzieren sie, um sich gegen andere Mikroorganismen zu verteidigen.

Die neue Studie – die in der Zeitschrift Nature Microbiology veröffentlicht wurde – legt jedoch nahe, dass Wildpflanzen auch eine reiche Quelle für Antibiotika sein könnten. (1)

Die Teile der Pflanzen, die über dem Boden leben, werden zusammenfassend als Phyllosphäre bezeichnet. Die Studie konzentriert sich auf ein bestimmtes “Ökosystem” der Phyllosphäre – nämlich die Blattoberfläche eines gewöhnlichen Unkrauts.

Da diesem Ökosystem die Nährstoffe fehlen, besteht “intensiver Wettbewerbsdruck” unter den vielen Mikroorganismen, die es bewohnen, sagt Mitautorin Julia Vorholt, Professorin am Institut für Mikrobiologie der ETH Zürich in der Schweiz.

“Dadurch produzieren Bakterien eine Vielzahl von Substanzen, die es ihnen ermöglichen, ihren Lebensraum zu schützen”, erklärt sie.

Antibiotikaresistenz: Eine globale Bedrohung

Antibiotika sind Medikamente, die dazu bestimmt sind, das Wachstum von Mikroorganismen wie Viren, Pilzen, Bakterien, Hefen und parasitären Würmern zu töten oder zu stoppen.

Antibiotikaresistenzen entstehen, wenn sich Mikroorganismen als Reaktion auf antimikrobielle Medikamente verändern und schließlich nicht mehr untergehen. Dies macht es schwieriger, die von ihnen verursachten Infektionen zu behandeln.

Unsere Fähigkeit, auch häufige Infektionen zu heilen, wird zunehmend durch die zunehmende Verbreitung neuer Mechanismen der Antibiotikaresistenz untergraben. Dies führt zu einer längeren Genesung von Krankheiten, erhöhter Behinderung und Tod.

Ein besonderes Anliegen ist beispielsweise die Behandlung der Tuberkulose (TB). Die weitgehend medikamentenresistente Form der Infektionskrankheit wurde inzwischen in 105 Ländern gefunden und ist resistent gegen “mindestens” vier wichtige Anti-TB-Medikamente. (2)

Kleine Pflanze mit großem Potenzial

Prof. Vorholt und ihre Kollegen untersuchten mehr als 200 Bakterienarten, die auf den Blättern von Arabidopsis thaliana leben, einer kleinen Wildpflanze mit den gebräuchlichen Namen Thale Kresse.

Arabidopsis wird von Wissenschaftlern, die sich für die Biologie und Genetik von Blütenpflanzen interessieren, als Modellorganismus eingesetzt. Dies hat zu einer großen Bibliothek von genetischen Informationen geführt, die dekodierte Genome der Bakterien enthält, die die Blattoberflächen der Pflanze besiedeln.

Bislang hatte niemand diese Daten analysiert, um “nicht charakterisierte Naturprodukte” in der Phyllosphäre der Pflanze zu entdecken.

“Wir haben bioinformatische Techniken eingesetzt”, sagt Prof. Vorholt, “um Gencluster zu untersuchen, die in der Lage sind, die Produktion von Substanzen zu kontrollieren und somit auf andere Bakterien Einfluss zu nehmen”.

Nach Durchführung mehrerer Tests fand das Team 725 molekulare Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Bakterienstämmen. Die Wechselwirkungen waren von Bakterien, die sich gegenseitig angreifen, und in einigen Fällen führten sie dazu, dass ihr Wachstum verhindert wurde.

Zu diesem Zeitpunkt war jedoch noch nicht klar, ob die an den Interaktionen beteiligten Verbindungen für diesen Lebensraum einzigartig sind oder nicht. Hatten sie auch völlig neue antibiotische Eigenschaften?

Die Suche nach Substanzen mit bisher unbekannten antimikrobiellen Mechanismen ist ein wichtiges Ziel im Kampf gegen die Resistenz gegen antimikrobielle Mittel.

Antibiotikum mit “beispielloser Struktur”

In der nächsten Phase der Studie untersuchten die Forscher also die chemische Zusammensetzung der gefundenen Substanzen. Sie konzentrierten sich auf einen “besonders produktiven” Bakterienstamm namens Brevibacillus sp. Leaf182.

Eine Analyse der Verbindungen und “Gencluster” des Stammes ergab eine Reihe von Verbindungen mit antibiotischer Wirkung. Insbesondere eines, das sie Makrobrevin nannten, hatte “eine beispiellose natürliche Produktstruktur”.

“Jetzt müssen wir klären, ob Makrobrevin und andere neu entdeckte Substanzen auch gegen krankheitserregende Bakterien beim Menschen wirksam sind”, sagt Mitautor Jörn Piel, der auch Professor am Institut für Mikrobiologie der ETH Zürich ist.

Er fügt hinzu, dass er und der Rest des Teams begeistert sind, dass es noch viel mehr natürlich vorkommende Antibiotika geben könnte, die in der “relativ unerforschten Phyllosphäre” zu finden sind.

“Unsere Ergebnisse bestätigen, dass es sich lohnt, die Suche nach Antibiotika in der Natur zu erweitern.”


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